Montagsinterview: Juliane Uhl
Was haben Sie mit dem Tod zu tun?
Ich bin Geschäftsführer eines Krematoriums, habe den Tod also tagtäglich vor Augen. 2010 habe ich die FUNUS Stiftung gegründet, die sich für einen offeneren Umgang mit dem Tod einsetzt.
Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?
Mehr oder weniger durch Zufall. Ich habe 2003 die Chance bekommen, die Geschäftsführung des Krematoriums zu übernehmen – ohne genau zu wissen, was mich erwartet. Im Lauf der Jahre habe ich viele Menschen getroffen, die in der Bestattungsbranche tätig sind, und erkannt, dass ihre Tätigkeit eine wichtige ist, aber oftmals in der Öffentlichkeit verkannt wird. Das war ein Impuls, mich mehr für das Thema Bestattungskultur zu engagieren.
Er verändert die Perspektive. Früher – vor 2003 – war der Tod etwas, mit dem ich noch nichts zu tun hatte, schließlich sterben nur die Alten und die Kranken und beides war ich nicht. Erst durch meine Arbeit habe ich gelernt, dass die Bedeutung des Todes viel umfassender ist. Es sterben eben nicht nur die Alten und Kranken. Und der Tod betrifft nicht nur die Sterbenden, sondern vor allem auch die, die zurückbleiben. Viele Menschen kommen über Jahre, gar Zeit ihres Lebens, nicht über den Verlust eines geliebten Menschen hinweg. Deshalb weiß ich, dass der Tod überall in unserem Leben Spuren hinterlässt – in Menschen, die wir treffen oder an Orten, die wir besuchen.
Was denken Sie über unser Verhältnis zum Tod?
Der Tod war über Jahrzehnte in unserer Gesellschaft ein absolutes Tabuthema. Das lag vermutlich an den schrecklichen Erfahrungen, welche die Menschen in zwei Weltkriegen gemacht haben. In den Folgegenerationen war dann der junge, schöne, gesunde und erfolgreiche Mensch das Idealbild, das uns in den Medien präsentiert wurde.
Ich meine aber, hier in den letzten Jahren eine leichte Veränderung feststellen zu können. Gerade jüngere Menschen interessieren sich für den Tod, besuchen Veranstaltungen, bei denen es um den Tod und das Sterben geht – und lesen die DRUNTER&DRÜBER.
Haben Sie einen Rat an die Menschen, wie sie dem Tod begegnen könnten?
Das Thema ist höchst individuell, so dass es keinen allgemeinen Rat geben kann. Mir persönlich hilft, mit vertrauten Menschen darüber zu reden; darüber, dass man selbst sterben wird oder geliebte Menschen – der Partner, die Eltern, Freunde – eines Tages sterben werden und man selbst zurückbleibt.
Foto: Marcus-Andreas Mohr